Ich sage leider, denn nach wenigen Metern Querfeldeinfahrt mit meinem schwer beladenen Gefährt kam es zu einem unvermeidlichen Zwischenfall. Der durch
die beiden Kanister (Benzin und Wasser) stark hecklastig beladene Roller schlug nach einer etwas zu schnell genommenen Bodenwelle nach hinten über, um anschließend krachend auf der Seite zu landen. Um eine
Erfahrung reicher, fand ich mich neben ihm wieder. Resümee dieses Ausflugs: ein verdrehter Lenker und fünfzehn Minuten Quälerei in schattenloser Steinwüste, um den Roller wieder aufzurichten. Die kleinen
Rädchen der Vespa fanden nämlich auf dem losen Geröll keinen Halt und rutschten so während meiner Aufrichtungsversuche stets zur Seite. Zu allem Überfluss musste ich also auch noch den Roller entladen,
anschließend auf die Reifen stellen und dann erneut beladen. So wurde ich gebührend für meinen Unbesonnenheit bestraft. Die folgenden zweihundert Meter Rückweg zur befestigten Straße legte ich vorsichtshalber
im Schritttempo zurück. Die Lenkerbefestigung des Vespa-Rollers ist mit der Gabelkonstruktion eines Fahrrades zu vergleichen. Aus diesem Grund war auch nicht die eigentliche Lenkstange in Mitleidenschaft
gezogen, sondern lediglich in ihrer Aufhängung verdreht worden. Um sie wieder richten zu können, bedurfte es eines 13'er Schlüssels. Da sich meine Werkzeuge jedoch alle so ziemlich auf dem Grund des hinteren
Seesackes befanden, beschloss ich, mit verzogenem Lenkgestell die nächste Tankstelle aufzusuchen. In der Nähe von Ait-Krojmane fand ich einen hilfsbereiten Tankwart. Einer Weiterfahrt in Richtung "Tunnel der
Legionäre" stand nun nichts mehr im Wege - abgesehen von der immer schlechter werdenden Fahrbahn. Die Höhe der auf der Straße befindlichen Schotteranhäufungen nahm ständig zu. Man ist hier gut beraten,
sein Hauptaugenmerk auf die Straße und weniger auf die Landschaft zu richten, auch wenn letztere natürlich wesentlich reizvoller ist. Doch jeder Seitenblick wurde prompt mit einem ausbrechenden Roller bestraft. Um
14.00 Uhr endlich erreichte ich den erwähnten Tunnel. Der Tunnel du Legionnaire befindet sich in ca. zweitausend Meter Höhe. Neben dem Tunnel findet man ein kleines Unterstellhäuschen für maximal zwei
Personen. In einem älteren Reiseführer fand sich die Information, dass der Reisende hier von einem salutierenden Soldaten begrüßt würde. Doch die Zeiten der Legionäre schienen endgültig vorbei zu sein. Weit
und breit kein Soldat in grüßender Haltung in Sicht. Dafür wird man aber durch einen Ausläufer des Flusses O.Sidi-Hamza, der sich durch eine tiefe Schlucht schlängelt, entschädigt. In der Schlucht erblickte
ich einige völlig ausgebrannte und geplünderte PKW-Leichen, die meine Vorurteile gegenüber der marokkanischen Fahrweise zu bestätigen schienen. Ich musste mich jedoch von einem einheimischen Mineralien- und
Edelsteinsucher, der sich mittlerweile am Tunnel, in der Hoffnung mir etwas verkaufen zu können, eingefunden hatte, eines besseren belehren lassen. Er gab mir zu verstehen, dass vor einiger Zeit, ähnlich wie in
Meknes, an diesem Orte ein Abenteuerfilm gedreht worden war. Die Filmleute hatten sich, nach erfolgreicher Unfallinszenierung, nicht mehr die Mühe gemacht, die Wracks zu beseitigen. Vom Edelsteinsucher erfuhr
ich noch Interessantes zur Landschaft. So machte er mich auf kleine, ca. 1,50 Meter im Durchmesser große Löcher aufmerksam, die sich in den etwas entfernten Felswänden befanden. Dies waren die Eingänge zu
kleineren Minen, in denen auch er arbeitete. Ich bedankte mich für seine Auskünfte durch den Kauf einiger Mineralien und einer kleineren Muschelversteinerung und verabschiedete mich von ihm. Kurz darauf hörte
ich dass sonore Motorengeräusch einer näher kommenden Moto-Guzzi. Und tatsächlich: ein italienisches Pärchen war auf dem Weg zum Tunnel. Ich erkundigte mich sofort, ob ihnen vielleicht ein Radfahrer begegnet
sei. Dieses bestätigten sie freundlich. Christian befand sich nach ihren Angaben noch ungefähr zehn Kilometer von unserem vereinbarten Treffpunkt entfernt. Während sich die beiden Italiener wieder auf den Weg
machten, nutzte ich die Wartepause, um die doch noch nicht optimal justierte Lenkung nun in aller Ruhe einzustellen. Zudem war es auch 'mal wieder an der Zeit, einige bleibende Erinnerungen in Form
photographischer Aufzeichnungen zu machen.
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