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Analog versus Digital


ANALOG versus DIGITAL

Kommen wir gleich zur häufigsten Frage: soll ich analog oder digital fotografieren?
Antwort:
wenn eine analoge Kamera vorhanden ist (womöglich mit Objektiven und Blitzlicht), man nur selten fotografiert (1-10 Filme im Jahr) und man zudem kein Geld “nur für Spass” ausgeben möchte, behält man natürlich die Filmkamera.
Ein richtig belichtetes Negativ ist dem virtuellen Negativ einer Digitalkamera immer noch überlegen - sieht man einmal von sehr teuren Digitalmodellen ab. Anders ausgedrückt: von den schönen Urlaubsdias lassen sich auch schnell “Papierabzüge” herstellen - in ausgezeichneter Qualität und beeindruckender Größe. Auf Wunsch kann man die Dias auch einscannen und digitalisieren - mit dem eigenen Computerscanner oder im Fachhandel.
Bei vielleicht zehn im Urlaub verknipsten Filmen - wieviele Fotos sind davon wirklich so gut, dass man diese als Poster an der Wand oder digital im Rechner haben möchte?
Eine Beispielrechnung:
Eine kleine Digitale schlägt vielleicht mit 300,- € zu Buche schlagen.
Zwanzig Marken-Farbfilme mit jeweils 36 Aufnahmen kosten ca. 70,- €.
Filmentwicklung und jeweils ein Abzug im Format 13x18cm (also schon größer, als die meisten Gelgenheitsfotografen wählen (nämlich 10x15cm)) kosten je nach Angeboten ca. 13,-€.
Zwanzig Filme sind immerhin 720 Bilder. Gut, davon sind immer einige fehlbelichtet usw. Aber wenn man keine professionellen Ansprüche stellt und die Fotos in erster Linie als private Gedächtnisstütze fungieren sollen, sind sicherlich 400 bis 500 Aufnahmen brauchbar. Bis hierher hätte das ganze 330,- € gekostet.
Also die abschließende Frage: wieviele Filme haben Sie in den letzten Jahren verknipst? Fünf, zehn, zwanzig oder mehr?
Weitere Argumente gegen die Digitalkamera:
Wer sich mit Computern nicht oder kaum auskennt, für den kann nur der abgebrühte Verkäufer - nämlich derjenige, der seinen Kunden doch für blöd hält - die Digitaltechnik empfehlen.
Anders formuliert: sich einen Computer zu kaufen, nur um digital fotografieren zu können, ist eher kontraproduktiv. Denken Sie an die vielen hundert Stunden, die Sie mit ihrer analogen Kamera durch Fauna und Flora streifen könnten, statt über nicht funktionierender Hard- und Software zu brüten.
Wer natürlich gerne rätselt, seinem Basteltrieb freien Lauf lassen möchte und für den das Fotografieren selbst auch einmal sekundär bleiben darf, der wird sich mit Freude in das digitale Abenteuer stürzen ...

Vorteile der Digitalen

Um den im Raume stehenden Vorwurf, ich gehörte zu den ewig Gestrigen, sofort zu zerstreuen: natürlich ist die Digitalfotografie ein wahrer Segen.
Der größte Vorteil ist die sofortige Bildkontrolle. Ich gehe hier einmal stillschweigend davon aus, dass Sie sich eine Kamera kaufen werden oder schon besitzen, die mit einem kleinen Monitor ausgestattet ist, der eben diese Kontrolle zuläßt.
Das heute übliche “Fotoritual” dürfte jedem bekannt sein: “Hallo, alle mal hier in meine Kamera lachen!” Alle schauen, alle lachen, derweil der Fotograf seinen digitalen Winzling an ausgestreckten Armen vor sich herbalanciert und konzentriert auf den viel zu kleinen Monitor starrt. Endlich das erlösende Blitzlicht, das nicht nur die Elektronen innerhalb des undurchdringlichen Kameracomputers in rechter Weise animieren soll, sondern zugleich der Gruppe signalisiert: es ist vollbracht, wir können uns wieder entspannen. Doch da ereilt die kleine Schar der Fluch der sofortigen Bildkontrolle. “Gerda hatte die Augen zu, Klaus ist nicht ganz drauf und außerdem ist mir das etwas dunkel geworden. Hat der Blitz nicht funktioniert?” Doch, der Blitz habe geblitzt, Klaus wolle auch gar nicht ganz drauf und Gerda ... na, ja. Aber der Fotograf kennt keine Gnade. Alle müssen gucken, lachen, gucken, lachen ... Das letzte Bild der Serie ist dann endlich perfekt: Gerda hat die Augen auf, Klaus ist ganz drauf, die Belichtung korrekt. Nur die Gesichtsausdrücke ... gucken alle, als ob sie den Fotografen verhauen wollten. Vielleicht wählt unser Meister ja doch Bild Nr. 1, wo alle noch halbwegs fröhlich aus der Wäsche schauen ... aber das wird er wohl schon gelöscht haben.

Aber im Ernst: gerade der Fotoneuling hat mit der Digitalkamera ein wunderbares Lerninstrument in der Hand. Dazu ein gutes Buch zum Thema “Du und die Fotografie” und es kann los gehen.
Lagen früher oft Wochen und Monate zwischen der gemachten Aufnahme und dem fertigen Abzug, vergehen jetzt nur Millisekunden und der Fotograf erkennt technische Fehler ebenso, wie ungünstig gewählte Perspektiven und Ausschnitte. Endlich kann nach Herzenslust experimentiert werden: lange Belichtungszeiten, Variationen in der Tiefenschärfe mittels Blendenwahl usw. usw. Für die laufenden Kosten der Digitalkamera gilt erst einmal: frisst ja kein Brot! Da kommt es auf hundert Bilder nun wirklich nicht mehr an.

Hier wird klar: digitales Fotografieren ist anders. Flüchtig wie Elektronenspuren auf den Festplatten und Mini-Speicherkarten der Kameras, so flüchtig wird der Akt des Fotografierens selbst. Der Fotograf lebt in dem Bewußtsein, tausende von Aufnahmen machen zu können und ebensoviele umgehend wieder löschen zu können. Gedankengänge, die den analogen Kollegen eher befremden. Dieser, seine Filme vielleicht selbst mit viel Aufwand und Sachverstand in der eigenen Dunkelkammer entwickelnd, ist sich stets bewußt, dass er durch den Druck auf den Auslöser einen physikalisch-chemischen Prozeß in Gang setzt, der seinerseits Zeit beansprucht, um einen Bruchteil derselben festzuhalten.
Und auch der nicht tief in der Materie stehende Analogfotograf weiß, dass der zu treibende Aufwand, ehe er einen Abzug seines Negativs in Händen hält, beträchtlich ist. Aufwand fördert Sorgfalt. Der Analogfotograf hat 36 freie Aufnahmeplätze auf seiner Filmrolle zur Verfügung. Vielleicht hat er den Anspruch, pro verwendeter Filmrolle drei wirklich gute Fotos eingefangen zu haben. Das wird schwer, und er muss seine Motive sorgfältig auswählen und von einem solchen Motiv dann drei, vier Fotos mit unterschiedlichen Einstellungen machen, um ein befriedigendes Ergebnis zu erreichen.
Der Digitalfotograf geht hier enthemmter - böse Zungen würden vielleicht sagen: unreflektierter - durchs Fotografenleben. Sehen, knipsen, löschen ...

Fluch und Segen zu gleichen Teilen ...

Leider steht für viele die Technik an erster und das Ergebnis, die fertigen Aufnahmen, an zweiter Stelle. Ich möchte nicht bestreiten, dass die Realisierung einiger Aufnahmen teuerster und aufwändigster Technik bedarf - man denke an Tier-, Unterwasser- oder Macroaufnahmen. Aber die Alltagsfotografie kommt mit wenig “Hardware” aus. Schauen Sie sich die Aufnahmen von Henri Cartier-Bresson oder anderen großen Fotografen an: mit minimalem technischem Aufwand (z.B. einer kleinen Sucherkamera ohne Blitz) waren sie auf der Pirsch nach dem Motiv - und sie fanden es nicht etwa am Schauplatz einer Katastrophe, sondern im Alltag. Fotos, deren Eindringlichkeit vergessen macht, dass die eingefrorenen Momente längst vergangen sind.
Gerade der Hobbyfotograf kann es sich leisten, Technik Technik sein zu lassen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die fotografische Umsetzung seiner Ideen. Der Bildjournalist ist gezwungen, einiges an technischem Gepäck mitzuführen. Er muss unter möglichst vielen Bedingungen druckbare Fotos liefern können. Das gilt für sonnendurchflutete Räume genauso wie für stockdunkle Keller, verrauchte Kneipen, Konzertsäle und Sportarenen bei Dauerregen.

Fazit: wer einen Computer und geeignete Bildverarbeitungsprogramme sein eigen nennt (manchmal sind auch brauchbare Programme im Lieferumfang der Kamera enthalten), der kaufe sich eine Digitalkamera, die möglichst alle Möglichkeiten einer hochwertigen Kleinbildkamera bieten sollte: also Zeit-, Blenden- und Vollautomatik, voll manuell einstellbar, Anschlussmöglichkeit eines externen Blitzes. Pixelzahl? Vier Megapixel aufwärts... so kann man auch einmal einen vernünftigen 20x30 Abzug (oder größer) machen und hat genug Spielraum zur Bildbearbeitung. Die eierlegende Wollmilchsau gibt es leider im Bereich der Digitalkameras immer noch nicht. Selbst teuerste Spiegelreflexsysteme mit mehr als 8 Megapixeln und Anschaffungspreisen jenseits der 4000,-€ bieten für ihre Entwicklungsingeneure noch ein reiches Betätigungsfeld für Verbesserungen. Egal welche Kamera man sich auch kaufen wird, irgendeine Schwäche (meist mehrere) haben sie alle. Das Internet und viele Fachzeitschriften bieten Testberichte für viele Stunden Lesevergnügen.
Nur nochmals und abschließend: Die ganze Elektronik dient letztlich nur dazu, einen Verschluss für kurze Zeit zu öffnen um so einen durch ein Linsensystem gebündelten Lichtstrahl auf eine lichtempfindliche Fläche treffen zu lassen. Die Zeit und die Öffnung, die Blende können Sie verändern - das war’s. Ihr Auge und ihr Gefühl für das “gute” Bild entscheiden - egal ob digital oder analog.

Fortsetzung folgt...
 

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